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DFG-GRADUIERTENKOLLEG
Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Würzburg
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Dr. Jörg Orschiedt, Hagen Die Jungfernhöhle von Tiefenellern. Zur Dekonstruktion von Jungferntötung und Kannibalismus Abstract: Die Jungfernhöhle von Tiefenellern bei Bamberg wurde im Jahre 1952 durch den Archäologen Otto Kunkel
untersucht. Bei seinen Grabungen wurde das Höhleninnere fast vollständig ausgeräumt. Er entdeckte neben zahllosen
Keramikscherben, Tierknochen und sonstigen archäologischen Funden vor allem eine große Anzahl menschlicher Skelettreste, die
der frühneolithischen Kultur der Linienbandkeramik zugeschrieben wurden. Nach Angaben des Ausgräbers lagen die Funde
vermischt miteinander innerhalb einer Schicht vor. Wenige Jahre nach den Grabungen wurde 1955 die Monographie "Die
Jungfernhöhle bei Tiefenellern. Eine neolithische Kultstätte auf dem Fränkischen Jura bei Bamberg" veröffentlicht, in der die
für die damalige Zeit bemerkenswert multidisziplinären Forschungsergebnisse zusammengetragen wurden. Enthalten waren in der
Publikation, neben den archäologischen Funden wie Keramik, Stein- und Knochenartefakten auch Untersuchungen zur
Sedimentologie, Phosphatkonzentrationen, den Tier- und Menschenresten sowie ethnologische und volkskundliche Untersuchungen.
Vor allem die Untersuchung der menschlichen Reste führte aufgrund des fragmentarischen Zustandes und der Fundumstände in
einer Höhle vermischt mit archäologischen Funden zu der Interpretation eines rituellen Kannibalismus. Weiterhin sollten die
Schädel Spuren von Hiebverletzungen zeigen, das Fehlen der Frontzähne in den Kiefern sollte auf eine gewaltsame Entfernung
der Zähne hinweisen. Das Auftreten von Schnitt- und Brandspuren an den Skelettresten wurde als gezielte Zerlegung der
menschlichen Körper und Zubereitung des Fleisches gedeutet. Die Tatsache, dass viele kindliche und grazile erwachsene
Skelettreste vorlagen, führte zu der Ansicht, dass in die Höhle die Überreste von Kindern und vor allem jungen Frauen
gelangten. Gestützt wurde diese Ansicht durch eine volkskundlich belegte Sage von kopflosen Jungfrauen, die angeblich in der
Nähe der Höhle gesehen worden waren. Literatur: Otto Kunkel, Die Jungfernhöhle bei Tiefenellern. Eine neolithische Kultstätte auf dem Fränkischen Jura bei Bamberg. Münchner Beiträge zur Vorgeschichte 5, 1955 (München). Jörg Orschiedt, Manipulationen an menschlichen Skelettresten. Taphonomische Prozesse, Sekundärbestattungen oder Anthropophagie. Urgeschichtliche Materialhefte 13, 1999 (Tübingen). ©2003 Die Seiten wurden erstellt von der Webverantwortlichen Astrid Schilling
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